Als Erster stellvertretender Bürgermeister beim Gedenken an 46 ermordete Niederländer

Varsseveld (NL), 2. März 2023 – Als Erster stellvertretender Bürgermeister erlebt man viele emotionale Momente. Freude und Fröhlichkeit anlässlich von Karneval oder Schützenfest, aber eben manchmal auch tiefe Trauer, etwa beim Gedenken an die Pogromnacht oder den Holocaustgedenktag oder wie am 2. März 2023 beim Rademaerksbroek-Gedenken in Varsseveld.

Trauer, Wut und auch Scham waren jetzt meine vorherrschenden Gefühle als ich als Erster stellvertretender Bürgermeister zu einer Gedenkveranstaltung nach Varsseveld in die Niederlande eingeladen wurde.

Jährlich wird bei der „Rademaerkesbroek-Gedenkfeier“ an die Hinrichtung von 46 niederländischen Männern erinnert.

In den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges hatten vier deutsche Soldaten einen Bauernhof durchsucht. Was sie nicht wussten: In einer Scheune dieses Bauernhofes hatten sich 30 Widerstandskämpfer und alliierte Soldaten versteckt. Diese nahmen die vier Deutschen gefangen, erhängten sie und simulierten einen Autounfall. Die Simulation fiel auf. Aus Rache wurden 46 niederländische Menschen, die vorher im Gefängnis in Doetinchem eingesperrt worden waren, auf einem Acker erschossen. Das geschah am Morgen des 2. März 1945. Die 46 waren Geiseln, die aus Rache für die ermordeten vier deutschen Soldaten hingerichtet worden sind.

Und dann steht man da, vor Kindern, die Fotos mit den Gesichtern hochhalten. Ein ergreifender Moment. Der eine war 18, der andere 24, einer 54, einer 65, zwei hatten den gleichen Nachnamen, waren sie Vater und Sohn? Vom Alter würde es passen. Auch die Orte, aus denen die Erschossenen kamen, wurden vorgelesen und man stellt fest, sie kamen aus den ganzen Niederlanden.

Das mag mit ein Grund dafür sein, dass jährlich diese Gedenkfeier unter großer Anteilnahmen und durchaus mit überörtlicher Reichweite stattfindet. Denn natürlich sind die 46 ein einigendes Band für die Niederlande, sie verkörpern den Widerstand gegen die barbarischen deutschen Besetzer. Auch Nachkommen derjenigen, die auf dem Acker ihr Leben gelassen hatten, waren bei der großen Trauergemeinde.

Für mich als einzigen deutschen Repräsentanten einer deutschen Kommune war es eine große Ehre an diesem Gedenken teilnehmen zu dürfen. Ob man will oder nicht, man ist nunmal Nachkomme desjenigen Volkes was dieses und noch viel mehr Leid über die Welt gebracht hat.

Ich habe das Blumengesteck mit der Aufschrift „Stadt Rees“ an dem Denkmal abgelegt. Immerhin können Trauer und Erinnerung auch grenzüberschreitend vereinen.

Foto: Bodo Wißen